Da so viele Neue unter uns sind, erkläre ich noch einmal…
Wären wir im Showbiz, dann würde Michaela von sich als Rampensau sprechen. Da sie aber nur an Waldi erkrankt ist, dann auch noch Anästhesistin/Intensiv- und Notfallmedizinerin, nennt sie sich Klugscheißer. Das macht sie aber zur vollen Zufriedenheit in der WhatsApp-Gruppe. Sie ist keine Onkologin, bringt uns aber viel medizinisches Wissen bei und räumt Falsches aus der Welt.
Dies hier sind einige Beiträge aus der Gruppe.
Ach ja, neben Waldenström hat Michaela eine ausgesprochene Sprachnachrichtenallergie auf WhatsApp.
Als Nebenwirkung vom R-Benda sinken die CD4-Zellen = T-Helfer-Zellen rapide ab! Normal ist über 550 pro Mikroliter. Diese weißen Blutkörperchen sind essentiell wichtig für die Infektabwehr.
Die gleichen (CD4) fallen auch bei einer Aids-Erkrankung. Deshalb hat man die Leitlinie, die für Aids gilt, auf alle Situationen übertragen, bei denen die CD4-Zellen niedrig sind. Man geht von einem erhöhten Infektionsrisiko bei Werten unter 200 aus. Besonderes Risiko liegt bei Herpes-Viren („Simplex“ und „Zoster=Gürtelrose“). Dagegen die Prophylaxe mit Aciclovir. Dann gibt es ein Bakterium bei nahezu jedem Menschen, das heißt Pneumocystis jerovecii. Bei Immungesunden ist es kein Problem. Menschen mit niedrigem CD4 können eine schwerste Lungenentzündung mit künstlicher Beatmung bekommen. Viele Aids-Erkrankte sind früher daran verstorben. Es gibt auch nicht viele wirksame Antibiotika. Deshalb sollte man Nebenwirkungen vom Cotrim, wie Magen-Darm-Probleme in Kauf nehmen. Handfeste Allergien tatsächlich nicht.
Solange der Port funktioniert und keine Probleme macht, kann er drin bleiben. Es streiten sich die Geister, ob man einen Port monatlich, vierteljährlich oder gar nicht spült.
Meiner war nach 2 Jahren nicht mehr rückläufig (Blut) und nach 4 Jahren nicht mehr durchgängig.
Ich habe ihn unter örtlicher Betäubung (Lokalanästhesie) legen lassen. Gut gefrühstückt, mit dem Auto selbst zur Klinik, Portanlage, nach knapp 2 Stunden selbst zurückgefahren und Eis essen gegangen mit der besten Freundin.
Bloß kein mimimi…
Folgendes hat Michaela mal zur Unterscheidung der vielfältigen Arten der „Verdickung“ des Blutes geschrieben:
Zitat Michaela:
„Ich fange mal an…
ThromboPENIE ist die Bezeichnung für eine zu niedrige ANZAHL von Thrombozyten = Blutplättchen. Mehr als 100.000 (pro Mikroliter) sind normal. Für eine Operation ohne erhöhtes Blutungsrisiko benötigt man 50.000. Unter 10.000 werden auch ohne zu dem Zeitpunkt sichtbare Blutung Thrombozyten transfundiert.
ThromboPATHIE ist die Fehlfunktion von Thrombozyten nicht vernünftig an der Blutgerinnung teilzunehmen. (Medikamentös durch ASS hervorzurufen, wird dann aber nicht Thrombopathie genannt.)
ThromboPHILIE ist die Neigung dazu, aus welchen Gründen auch immer, eine übermäßige Blutgerinnung zu haben.
THROMBOSE ist die Verstopfung eines Blutgefäßes mit geronnenem Blut, abgelösten Partikelchen von der Gefäßwand. Es wird meistens für den venösen Bereich benutzt. Löst sich eine Thrombose und schwimmt in der Vene weg, kommt es zur (Lungen)EMBOLIE.
Betrifft die Verstopfung eine Arterie, sagt man meist Gefäßverschluss. Hinter dem Gefäßverschluss ist dann die Ischämie und der Infarkt.
HYPERVISKOSITÄT ist das zu dicke Blut meistens beim Waldi. Manchmal sprechen Ärzte von dickem Blut, wenn der Hb-Wert zu hoch ist…aber das ist eher nur ein müdes Lächeln von uns Waldis wert. Wir können das viiieeel besser. Wir produzieren Unmengen an sehr großen Molekülen (IgM). Das Blut wird eigentlich nicht dicker, sondern zähflüssiger (Sirup). Das läuft durch kleine Blutgefäße nicht mehr so gut. Bei vorgeschädigter Innenwand der Gefäße kann es zum maximalen Stau oder Verschluss kommen. Deshalb greift dort die APHERESE. Entfernung von bestimmten großen Bestandteilen aus dem Blut. Das geht für Eiweißmoleküle, aber mit etwas verändertem Gerät auch für Blutzellen oder nur Plasma (z.B. Thrombozyten- oder Plasmaspende, Stammzellsammlung von sich selbst oder von Spendern)
Wort zum Sonntag….ENDE“
Ende Zitat von Michaela
[09.08.25, 14:36:44] ~ Michaela:
Hämolyse ist ein Phänomen, bei dem rote Blutkörperchen „platzen“, also größere Mengen des roten Blutfarbstoffes und deren Abbauprodukte (Hämolyseparameter) frei im Blut zirkulieren. Die Niere schmeißt bei sehr hohen Werten „colabraunen“ Urin raus. Späteste Zeit die Klinik aufzusuchen, damit die Niere nicht verstopft. Das kann autoimmun auch ohne sichtbaren Grund passieren oder auf fremde Zellen. Ist aber alles in allem sehr selten. Man muss daran denken.
[09.08.25, 14:39:09] ~ Michaela: Apherese ist technisch etwas aufwendig kommt nur bei extrem hohem IgM in Frage. Da sprechen wir von etwa 10.000 mg/dl. Oder bei extremem Anstieg unter den ersten beiden Chemos
Novaminsulfon, Novalgin…der Wirkstoff ist Metamizol. Hervorragendes Schmerzmittel, das Fieber sehr gut senkt. Von der Wirkung stärker als Paracetamol. Beide gehören in eine Spezialklasse der peripher angreifenden Schmerzmittel. Nicht zu vergleichen mit ASS, Diclofenac, Ibu. Metamizol und PCM wirken nicht auf Thrombozyten und haben keine entzündungshemmende Wirkung. Metamizol kann mit einer (Un-)Wahrscheinlichkeit eine „Agranulozytose“ 1:5.000.000 machen. Dabei sterben die Neutrophilen Granulozyten ab. Man ist extrem infektionsgefährdet und muss in Umkehr-Isolation auf eine Intensivstation.
Nutzen:Risiko Meine Familie und ich nehmen es trotzdem.
Katrin fragt: Hat jemand Erkenntnisse/Erfahrungen, wenn eine 2. Krebserkrankung dazukommt? Ich bin ja mit dem Waldi im W&W, und habe nun vor 2 Wochen die Diagnose Malignes Melanom im Frühstadium bekommen. Also auch keine Therapie, wurde rausgeschnitten, erst mal auch nur W&W.
Antwort Michaela: Bei Entfernung des Melanoms im Gesunden und keine Lyphknotenmetastasen…nur normale Nachsorge. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Achte auf Dich und gehe auch zu anderen Vorsorgeuntersuchungen: Gyn, Brust, Koloskopie öfter als alle 10 Jahre. Bei manchen von uns scheint das Zellreparatursystem nicht so gut zu funktionieren.
Michaela sagt:
Das Hb reicht nicht aus. Man benötigt den Hk = Hämatokrit, den Färbekoeffizienten, die Größe der Erythrozythen, Ferritin und Transferrin…damit man weiß, WELCHE Art der Anämie es ist und WAS man substituieren muss. Je nach Art der Anämie die Ursache suchen.
Cotrim und Aciclovir sind bei CD4-Zellen unter 200/Mikroliter leitliniengerecht (analog zur HIV-Infektion). Eigentlich sollten diese beiden Medis auch erst bei Erreichen der 200er Marke abgesetzt werden. Das sieht mancher Onkologe eher „sportlich“. Ich habe es ungefähr 9 Monate nach der Chemo noch fortgeführt. Kontraindikationen sind natürlich Allergie und Unverträglichkeitsreaktionen. Fast alle Menschen haben in den Atemwegen einen „Mitbewohner“: Pneumocystis jerovecii. Der ist bei funktionierendem Immunsystem harmlos. Unter Immunsuppression kann er übelste intensivpflichtige Lungenentzündungen machen. Bei HIV-Patienten oft tödlich. Pneumocystis jerovecii hat wenige antibiotische Gegner. Nicht, weil es schnell mutiert und Resistenzen bildet, sondern von Natur aus.
Frage: Ist schon jemand in der Studie mit Rituximab plus Venetolax bei Prof. Buske? Unabhängig von der Studie: hat schon jemand Erfahrung mit diesen 2 Medikamenten? Würde gerne wissen ob sie gravierende Nebenwirkungen haben. Habt Ihr Remissionen damit? Mein Mann ist der Betroffene, noch im W&W Stadium. Danke!
Michaelas Antwort: Venetoclax ist gut bewährt bei CLL (Chronisch Lymphatischer Leukämie) und seit 2016 zugelassen. Rituximab in irgendeiner Kombi war der Gamechanger im Überleben bei WM und diverser anderer indolenter Lymphome seit 2000. Davor hatte man 5-10 Jahre Lebenserwartung. Beide Medis sind recht gut verträglich, aber natürlich keine „Smarties“.
Ich habe mir mal die Mühe gemacht und die offiziellen Preise nachgeguckt: Zu den Medikamentenkosten (ohne Arzt- Untersuchungs- Beratungskosten)
6 Zyklen R-Benda mit Co-Medikation kosten rund 30.000 €
Rituximab 375mg x Körperoberfläche (leicht adipös, 175 groß = 2,0, also 750mg Einzeldosis) Gut 3000€
Ibrutinib 420mg täglich monatlich 5.750€ Zanubrutinib ist in etwa genau so teuer.
Venetoclax (habe ich für WM keine konkrete Dosierung, weil Studie, analog zu anderen NHL) nach 4 Wochen Aufdosierung 400mg tgl. Für 28 Tage 5.900€
Eine Eiseninfusion und selbst Epo bringen beim WM gar nichts. Bei WM liegt ja kein Substratmangel vor. Das Knochenmark ist voll mit „Waldi-Zellen“, die das gesunde blutbildende Knochenmark verdrängen. Selbst, wenn Du ständig für Nachschub an Material (Eisen) sorgst, hast Du zu wenig Arbeiter (gesunde Knochenmarkszellen), die das Material verarbeiten können. Epo ist sozusagen der Vorarbeiter, der die Zellen „anschreit“ mehr zu arbeiten, aber wenn zu wenige da sind, bringt das auch nicht viel.
Die Klugscheißerin meldet sich zu Wort: JEDE Chemo bietet Risiken für ein Zweitmalignom, Bendamustin gehört zu den „harmloseren“ Zytostatika. Cyclophosphamid allein ist wahrscheinlich auch so einzugruppieren.
Je mehr an Zytostatika kombiniert werden muss, evtl. in Kombi mit Strahlentherapie, desto wahrscheinlicher wird ein Zweitmalignom.
R-Benda ist heftiger als DRC. Noch vor einiger Zeit sagte man R-Benda für jüngere Patienten, weil wirksamer. Aber auch akut mit mehr Nebenwirkungen. Es was/ist lange Zeit Standard.
R-Benda KANN aber das Knochenmark nachhaltig schädigen, sodass man Probleme bekommen KÖNNTE, neuere Therapien, die eine Knochenmarksreserve brauchen, später durchzuführen.
Ibrutinib und Zanubrutinib haben ja scheinbar eine begrenzte Wirkdauer. (Beobachtung meinerseits, keine Statistik)
Ich stelle mal eine provokante Frage: Sollte man als Erstlinie damit beginnen ohne zu wissen, ob es in ein paar Jahren etwas besseres gibt? Das kann ich mit nur onkologischem Grundwissen nicht beantworten. Prof. Buske scheint da aber zuversichtlich zu sein.
Ich hatte vor gut 4 Jahren R-Benda. Ich kannte damals keine Alternative, weil ich mich mit der Erkrankung, die so plötzlich da war, nicht medizinisch auseinandergesetzt hatte. Für mich stand ein Wochenende lang Akute Lymphatische Leukämie im Raum. Ich war nur froh, dass keine „Hammer-“ Chemo mit Stammzelltransplantation auf mich zu kam. ICH bin auch im Nachhinein mit R-Benda zufrieden. Dankbar für die Komplettremission. ICH würde mich wieder so entscheiden, aber hinterher ist man ja immer schlauer…
Jede Chemo KANN, nicht MUSS, einen anderen Krebs hervorrufen. Bei R-Benda oder DRC ist das Risiko gering. Anders sieht es z.B. beim klassischen Hodgkin-Lymphom oder Leukämie aus. Auch bei Brustkrebs ist die Chemo „nicht ohne“. Die Latenz beträgt 5-10-20 Jahre…gewonnene Lebenszeit. Bei R-Benda ist es ja der weiße Hautkrebs. Der ist gut behandelbar. Wenn klein, nur herausschneiden, meist in örtlicher Betäubung. Alle zwei Jahre zum Hautarzt (nicht Hausarzt). Bezahlt dir KK. Will man jährliche Kontrollen kostet das auch nur 40€.
Fortsetzung folgt…..